Queer Voices Podcast

Élie Chevillet

#3 Alice Drouin | Fußball, FLINTA*-Teams, Pride House Berlin

06.01.2025 49 min Élie Chevillet

Zusammenfassung & Show Notes

Heute darf ich Alice Drouin empfangen. Alice ist fußballbegeistert. In ihrem Kreuzberger Herzverein Hansa 07 spielt sie im FLINTA-Team. Außerdem ist sie Co-Initiatorin von #kickout – im Rahmen der Initiative haben 100 internationale Menschen für mehr Sichtbarkeit von queeren Lebensrealitäten im Fußball Gesicht gezeigt. Mit ihrer Arbeit beim LSVD Verband Queere Vielfalt Berlin-Brandenburg engagiert sich Alice für Queers und Diversity im Sport. Im Sommer 2024 hat sie als Projektleitung das 1. Pride House Deutschlands ins Leben gerufen. Die Idee: Einen sicheren und sichtbaren Ort für queere Menschen bei großen Sportveranstaltungen anzubieten. Das Projekt war ein Riesenerfolg.


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Transkript

SPEAKER_1
00:00:04
Hi, ich bin Élie Chevillet, herzlich willkommen bei Queer Voices, der Podcast der queeren Menschen in Augsburg und der Welt eine Stimme gibt. Heute darf ich Alice Drouin empfangen. Alice ist Fußball begeistert. In ihrem Kreuzberger Herzverein Hansa 07 spielt sie im Flinter-Team. Außerdem ist sie Koinitiatorin von Kick-Out. Im Rahmen der Initiative haben 100 internationale Menschen für mehr Sichtbarkeit von queeren Lebensrealitäten im Fußball Gesicht gezeigt. Mit ihrer Arbeit beim LSVD-Verband Queerevielfalt Berlin Brandenburg engagiert sich Alice für Queers und Diversity im Sport. Im Sommer 2024 hat sie als Projektleitung das erste Pride-House Deutschlands ins Leben gerufen, die Idee, einen sicheren und sichtbaren Ort für queere Menschen bei großen Sportveranstaltungen anzubieten. Das Projekt war ein Riesenerfolg. Hi Alice.
SPEAKER_2
00:01:25
Hallo.
SPEAKER_1
00:01:26
Danke, dass du meine Einladung angenommen hast. Ich freue mich, mit dir in Berlin aufnehmen zu dürfen.
SPEAKER_2
00:01:33
Ich freue mich sehr, dass du jetzt bei mir bist und wir das machen.
SPEAKER_1
00:01:37
Magst du dich zu Beginn vorstellen, deine Pronomen teilen und erzählen, wie du dich identifizierst?
SPEAKER_2
00:01:44
Ja, gerne. Ich bin Alice, meine Pronomen sind sie, ihr und ich identifiziere mich als Lesbe und sie ist Frau.
SPEAKER_1
00:01:54
Du hast als Kind in Saint-Herblin, eine mittelgroße Stadt bei Nantes in Westfrankreich gewohnt. Wie war es für dich dort aufzuwachsen?
SPEAKER_2
00:02:04
Es war schön, aber ich wusste schnell, ich will hier weg. Also für eine Weile bin ich dort sehr gerne gewesen, hatte eine tolle Zeit. Wir konnten sehr viel draußen spielen, unter anderem Fußball. Und für eine Weile war das wunderschön. Und je mehr die Zeit verging, desto klar und aber dabei relativ früh wurde mir klar, ich möchte weg von hier. Ich will meinen Horizont erweitern.
SPEAKER_1
00:02:35
Hattest du Geschwister?
SPEAKER_2
00:02:37
Ich habe zwei Brüder, die jünger sind als ich. Und mit denen ich sehr viel und sehr schön gespielt habe.
SPEAKER_1
00:02:45
Woran lag es, dass du gespürt hast, dass du gerne schnell weg möchtest?
SPEAKER_2
00:02:51
Wir waren in einer Wohnsiedlung in dieser kleinen Stadt und wir waren ziemlich abgekoppelt von allem, was, wenn du ein junges Kind bist, super viele Vorteile hat, weil man kann dann eben sehr unbedacht auf der Straße oder ohne sich großen Sorgen zu machen auf der Straße spielen und draußen sein und die Eltern machen sich, glaube ich, auch weniger Sorgen. Aber gleichzeitig hast du auch kein riesen Zugang zum Leben sonst. Ich konnte also ich konnte zur Schule laufen, aber das war es dann auch. Es gab sonst keine Einrichtungen, keine Geschäfte, kein, ja, nicht so viel Zugang zum sonstigen Leben und das hat mir sehr schnell gefehlt. Ich wollte in die Stadt, ich wollte zu Büchereien, zu Buchhandlungen, ins Stadion, zum Leben unter Menschen sein. Und das war dort nicht so richtig möglich. Und man ist dann sehr davon abhängig, wie man wegkommt. Da waren die öffentlichen Verkehrsmittel nie so sehr entwickelt. Zu Fuß oder mit Fahrrad war auch nie so möglich. Deshalb, ich hab gemerkt, ich bin in einem sehr schönen kleinen Käffich und möchte schauen, wie es da draußen aussieht alles. Dauerhaft und unabhängig von Menschen, die mich irgendwo hinfahren oder wo ich immer sagen soll, wo ich hingehe oder so. Also ein bisschen unabhängig werden. Das hab ich schnell gespürt, ich hab mich sehr nach dieser Zeit schon gesennt, wo das dann eben freier ist sozusagen.
SPEAKER_1
00:04:28
Alice, was bedeutet es für dich queer zu sein?
SPEAKER_2
00:04:32
Es ist für mich eine Chance und eine Verantwortung und ein großer Gestaltungsraum. Ich fühle mich weniger queer, als ich queer lebe. Also für mich ist queer nicht ein Adjektiv, sondern vielleicht vielmehr ein Adverb, wenn wir ja ein bisschen Sprachgrammatik machen oder was auch immer das heißt. Das heißt, ich finde es schön mein Leben, mein Verhalten, meine Beziehungen, meine Arbeit, alle Komponente immer zu hinterfragen. Bin ich gerade von einer Norm befangen? Bin ich gerade beeinflusst von dem, was mir von klein an beigebracht wurde? Oder habe ich das alles schon mal in Frage gestellt, ja oder nein? Kann ich das vielleicht alternativ oder anders machen? Oder ist es für mich so schön, wie es ist und gut so? Also für mich bedeutet queer sein ein Blick auf die Welt zu haben, der kritischer, wohlwollender und weiter ist als die Norm es sagt.
SPEAKER_1
00:05:43
Du hast über Chance und Verantwortung geredet. Magst du ein bisschen mehr darüber sagen?
SPEAKER_2
00:05:49
Ich finde es schön, dass wir als Menschen, als queer Menschen, sowieso anders ticken als die Mehrheitsgesellschaft. Und das ist eine große Chance. Es gibt eine Mühe, die wir uns nicht machen müssen, Dinge anders zu sehen, weil wir sowieso von Beginn an, finde ich, oder ich zumindest, sehe die Dinge einfach anders als viele meiner Heterosis-Freunde, Freundinnen. Deshalb ist es eine große Chance, man von Beginn an die Möglichkeit, Dinge anders zu betrachten. Und die Verantwortung ist, dass wir oft im Mittelpunkt stehen oder anders betrachtet werden eben auch von anderen Menschen. Und wir manchmal als BotschafterInnen von einer Gruppe durch die Welt gehen und so gesehen werden, wobei viele von uns gar nicht diese Rolle haben wollen. Aber sich zu erklären, manchmal Aufklärungsarbeit leisten zu müssen, dass bestimmte Dinge im Gespräch einfach angesprochen werden, als wäre selbstverständlich, das Thema anzusprechen, ohne Konsens oder ohne dass es eine Grundlage gibt für dieses Gespräch. Man kommt schnell in eine Rolle der Botschafter in und Erklärer in. Und das finde ich manchmal anstrengend und ich sehe da die Verantwortung, dass wenn ich etwas doofes mache, durchaus gesagt werden kann, naja, so sind die alle, doch oder wie auch immer. Ich finde, ich erlebe es immer weniger, aber gerade zu Beginn, als ich noch in der Selbstfindungsphase war, zu Beginn meines queeren Lebens sozusagen, fühlte ich das als große Last auf meinen Schultern.
SPEAKER_1
00:07:27
Du hast gesagt, dass es Menschen, queere Menschen gibt, die diese Rolle überhaupt nicht übernehmen möchten. Wie ist das bei dir? Möchtest du gerne diese Verantwortung haben?
SPEAKER_2
00:07:38
Ich glaube, das kam mit der Zeit und mit dem Selbstvertrauen, das ich gewonnen habe im Laufe meines Lebens. Ich würde sagen, bis ich so Mitte, Ende 20 war, wollte ich das überhaupt nicht und fühlte mich auch gar nicht bereit dazu, weil selbst eine Erfahrung zu machen ist noch lange nicht, dass du ein großes Wissen darüber hast, was du teilen kannst. Ich sag immer, man ist Experte in seines eigenen Lebens und das stimmt. Und für sich reden kann man immer, wenn man es möchte. Und da gibt es ja eben Wissen, dein Selbstwissen über dich selbst. Aber erstens, wir wissen ja, wie es ist, dass bei allen Menschen, glaube ich, so, dass immer wieder Unsicherheiten und Zweifel kommen. Das heißt, wenn du sowieso für dich noch nicht im Klaren bist, dann nach außen ja was zu kommunizieren. Entweder kommunizierst du deine Unsicherheiten und das voll schön und ist notwendig und gut, aber manchmal willst du es einfach nicht. Und ja, und dann darüber hinaus kommt eben diese ganze Wissen über geschlechtliche und sexuelle Vielfalt, über Patriarchat, die Normen. Und das musste ich alles irgendwie für mich erst mal entdecken, einordnen. Und mir dann wissen, darüber aneignen, um gut darüber reden zu können und meine eigenen Erfahrungen irgendwie in Perspektive zu setzen. Und erst dann darüber mit anderen zu sprechen und andere darüber sensibilisieren oder aufklären. Und ich würde sagen, das kam mit der Zeit und mit auch Arbeitserfahrungen, die ich hatte, wo ich mehr und mehr in diese Rolle gerutscht bin. Und ich fühle mich jetzt gerne dazu bereit, das im Arbeitskontext zu machen. Und in anderen Kontexten gucke ich immer, ob es mir danach ist, diese Rolle zu spielen, ja oder nein.
SPEAKER_1
00:09:26
Ob du Kapazität in deiner hast, wahrscheinlich auch.
SPEAKER_2
00:09:28
Genau. Je nach Tagesform.
SPEAKER_1
00:09:32
Alice, wann hast du entdeckt, dass du queer bist?
SPEAKER_2
00:09:36
Das ist eine gute Frage. Ich glaube, die stellen wir uns alle, immer. Ich weiß es nicht ganz. Den ersten Crush, an den ich mich erinnern kann, ist meine Babysitterin. Und ich glaube, da war ich so sechs. Und ich war so schön und so nett und hatte so schöne Augen. Und ja, also ich würde sagen, da war definitiv schon was. Ich glaube, die ersten konkreten Fragen habe ich mich vielleicht mit zwölf gestellt, mir gestellt, als klar wurde, dass ich nicht ganz dasselbe will als alle anderen um mich herum oder viele anderen um mich herum. Also ich würde sagen rund um die Pubertät und mit davor kleinen Zeichen, die ich nicht ganz lesen konnte. Außer die schönen Augen, die konnte ich betrachten.
SPEAKER_1
00:10:31
Bist du mit queeren Role Models aufgewachsen?
SPEAKER_2
00:10:35
Überwiegend nicht, aber rückblickend gibt es Menschen, die mich geprägt haben. Und damals habe ich sie nicht als queere Role Models wahrgenommen, aber im Nachhinein sind das schon Figuren, die Personen oder Ideen, oder die eine Rolle gespielt haben für meine Konstruktion oder Selbstkonstruktion. Das erste woran ich denke ist Willow in Buffy. Also eine Serie, eine Vampiranserie und Willow ist eine Hexe und ich weiß gar nicht, was sie ist oder wie sie sich identifizieren würden, aber damals habe ich sie als lesbisch gesehen vielleicht. Keine Ahnung, möchte man Willow fragen. Und ich weiß noch, dass immer wenn in der Serie, in der Handlung, was mit Willows Beziehungen waren und auch Küssen oder so, da war ich komplett, mein Bauch hat sich so gedreht und ich saß da und dachte, oh mein Gott, das ist so cool und gleichzeitig macht mir so Angst und ich will auch, aber ich will auch weg. Also so viel auf einmal. Also das war auf jeden Fall etwas Trägendes und im echten Leben waren ja nicht so viele Menschen, aber eine Person warst du auf jeden Fall. Denn du bist meine Cousine, du bist ein bisschen älter als ich, aber nicht viel. Also als ich Teenager war, warst du ein älteres Teenager vielleicht und du hast mein Leben da sehr, sehr geprägt auf jeden Fall und bist noch in meiner ganzen Selbstfindungsgeschichte, noch bis in meinen, mit 20er Jahren würde ich sagen, warst du. Du warst immer eine prägende Person und später definitiv ein Role Model, als du in queeren Beziehungen warst, die ich auch dann erleben durfte, hautnah, weil ich bei dir zu Gast war oder oder unsere Gespräche, unsere Briefe. Das hat mich sehr, sehr geprägt und auch das hat mir gezeigt, es ist möglich, ein Leben als queere Person zu leben, mit glücklichen Beziehungen, mit Ruhe und Selbstverständlichkeit und das war definitiv sehr prägend und ich muss erwähnen die L-World auch noch. Das kam ein bisschen später, aber es war auch zu Beginn von so Internet und Downloads und so und ein Freund in der Schule hat mir das auf DVDs gebrannt, illegal runtergeladen und gebrannt und immer dann, was war das, CD-ROM sogar? Wir reden jetzt sehr Vintage und ich bin nicht sehr IT-affin, aber auf jeden Fall, das hab ich dann immer ins Geheim geschaut und das war Willows Effekt mal 100 und das war auch sehr, sehr cool. Aber nee, sonst leider, also ich hätte mir gewünscht im Nachhinein, queere Vollbilder und Rollmodels zu haben in den Bereichen, die mich damals schon interessiert haben. Also Sport, Gesellschaft insgesamt, Politik war mir immer wichtig und hätte ich gerne so, ja auch da so offene, öffentliche queere Menschen gesehen, die das gar nicht mal vielleicht zum Thema machen, sondern einfach zeigen, sich zeigen und mir zeigen, dass es möglich ist, so zu sein, ohne dass es ständig ein Struggle ist oder ein Geheimnis. Genau. Das hätte ich mir gewünscht. Auch in meinem unmittelbaren Umfeld, keine Ahnung, so LehrerInnen oder ja alles mögliche einfach.
SPEAKER_1
00:14:16
Alice, was würdest du gerne deinem jüngeren Ich sagen?
SPEAKER_2
00:14:20
Dass es irgendwann schön wird. Einfach dran glauben, weitermachen und das wird schon. Und dass es gerade nicht einfach ist und das stimmt. Also es ist scheiße und das stimmt. Vielleicht einmal anerkennen, dass das nicht schön ist, aber besser wird und dass es richtig ist, die Methan zu nutzen, die ich zur Verfügung habe, um die Situation zu verbessern und ein schönes Leben für mich aufzubauen. Das hab ich geschafft, also dran glauben.
SPEAKER_1
00:14:59
Schön. Wie wichtig ist dir Queerness in deinem Umfeld?
SPEAKER_2
00:15:05
Schon sehr wichtig bzw. es ist das, was ich am Anfang gesagt habe. Es gibt Dinge unter Queers, die man nicht mehr erklären muss oder die von Beginn an in Frage gestellt werden. Und dann hat man einen ganz anderen Austausch, eine ganz andere Freundschaft, eine ganz andere Beziehung. Ich merke zum Beispiel, ich hab grad das Glück in einem sehr queeren Umfeld zu arbeiten auch. Und ich merke auch, wie schön das ist. Das ist ganz klar. Also die Cis-Heteros sind die Ausnahmen. Und manchmal wird man, wenn jemand, keine Ahnung, eine Cis-Frau erzählt von dem Wochenende mit dem Mann, dann wird man, hm, achso, ja, du bist hetero. Ist okay. Ist okay, ja, darfst du. Aber ja, und ich weiß nicht, es ist einfach nur schön, entspannt sich selbst zu sein. Und deshalb ist es cool, Queerness um sich herum zu haben. Ich muss nicht alles unter diesem Aspekt betrachten und mein Umfeld so aufbauen. Aber es ist schön, das schon präsent zu haben und immer wieder dahin zurückzukehren, wenn Bedarf ist, nach einem sichereren Raum und Umfeld. Also das ein bisschen als Grundlage zu haben, auf der man sich stützen kann oder so.
SPEAKER_1
00:16:30
Möchtest du an der Stelle mehr über deine Arbeit bzw. dein Arbeitsumfeld sagen?
SPEAKER_2
00:16:37
Gerne. Du hast es ja am Anfang auch gesagt, ich arbeite beim LSVOD-Verband Queere Vielfalt Berlin Brandburg. Das ist der Landesverband vom LSVOD. Das ist eine Institution in der queeren Welt, die es länger gibt und die angefangen hat mit vielen schwulen Männern, die sich organisiert haben, gerade auch im Kontext der AIDS-Jahre, wo Selbsthilfe und Selbstunterstützung sehr notwendig waren. Und diese Institution entwickelt sich natürlich auch mit der Erweiterung des Verständnis von queeren Leben und ich bin jetzt über ein Jahr dort und arbeite mit dem Fokussport und das vereint ein bisschen meine Identität, meine Leidenschaft und insofern ein sehr schöner Job.
SPEAKER_1
00:17:29
Das hört sich sehr gut an. Hat das Wort Community eine Bedeutung in deinem Leben?
SPEAKER_2
00:17:36
Ja, in unterschiedlichen Art und Weisen würde ich sagen. Ich arbeite mit Communities in meiner Arbeit. Ich tendiere dazu, das auch im Plural zu nutzen, weil ich finde das Wort Community hat sonst etwas sehr verallgemeinern, was auch die Realitäten nicht immer wieder gibt. Der unterschiedlichen Struggle, die es auch innerhalb einer Community geben kann, gerade die Queere Community, also sage ich lieber die Queeren-Communities. Für mich persönlich hat das auch noch eine andere Bedeutung durch meinen Sport, den ich treibe als Amateur-Sportlerin. Mein Verein und mein Team und manche Teams zusammen sind auf jeden Fall auch Communities für mich, die meinen Alltag auch sehr prägen.
SPEAKER_1
00:18:27
Alice, was tust du gerne?
SPEAKER_2
00:18:30
Also ganz klar, ich liebe Fußball. Schön, dass wir endlich über die wichtigen Sachen reden jetzt. Ja, also ich liebe Fußball in all seinen Facetten. Ich mag Fußball schauen im Stadion oder im Fernsehen. Ich mag selber spielen. Ich mag auch sehr gerne trainieren. Ich mag darüber lesen, darüber hören, darüber nachdenken. Genau, also Fußball ist ein sehr, sehr wichtiger Bestandteil meines Lebens. Ich mag aber auch sehr gerne lesen und mich mit Menschen unterhalten und schöne Zeit mit Menschen verbringen, mit einem warmen Getränk und gemütlich und stundenlang reden, sich zuhören, sich gegenseitig unterstützen. Ich mag viele Sachen entdecken und ja, bin ein neugieriger Mensch und mag immer dazu lernen. Das begeistert mich alles.
SPEAKER_1
00:19:31
Was liest du gerne?
SPEAKER_2
00:19:33
Sehr gerne Romane. Ich empfinde das als sehr großes Privileg, dass ich in drei Sprachen mittlerweile sehr gerne lese und lesen kann. Deutsch, Englisch, Französisch. Und das erweitert auch noch voll die Möglichkeiten oder ich hab viele Möglichkeiten gut zu lesen. Ich finde das ein sehr schöner Weg, auch da weiter sein Horizont zu erweitern, mehr zu lesen, sich zu entspannen, aber auch noch immer dazu zu lernen, andere Perspektiven einzunehmen. Also ja, sehr gerne Romane.
SPEAKER_1
00:20:08
Was und wer inspiriert dich?
SPEAKER_2
00:20:13
Mich inspirieren Menschen, die empathisch sind und das dann auch zeigen. Und manchmal, um empathisch zu sein, braucht es Mut, weil es nicht vielleicht die popular Opinion im Raum ist. Und das finde ich sehr, sehr schön. Und ich finde auch immer wieder total beindruckend, wenn Menschen sich für andere engagieren. Also auch im Sinne des Ehrenamts vielleicht oder also seine Zeit, Energie, Wissen und Nerven zu schenken, um anderen was zu ermöglichen, finde ich extrem beeindruckend. Und finde ich toll. Das begeistert mich. Leidenschaft von anderen Menschen begeistert mich auch. Ich finde immer, wenn Leute von dem erzählen, was sie gerne tun mögen, kennen, da kann man so so viel lernen. Es ist so schön, dadurch neue Welten zu entdecken.
SPEAKER_1
00:21:12
Ich liebe deine Antwort. Danke. Wie ist deine Liebe zum Fußball geboren und warum bist du von dieser Sportart so begeistert?
SPEAKER_2
00:21:25
Das weiß kein Mensch, das muss die Wissenschaft noch erforschen. Es ist echt interessant, muss ich sagen, weil es gibt einfach um mich herum niemanden, der wirklich Fußball begeistert war, vor mir. Es ist wirklich unklar, ich weiß es nicht. Ich weiß es nicht. Als ich es ausprobiert habe für mich, fand ich es einfach toll. Und dann habe ich selbst entwickelt diese Liebe und mehr und mehr Facetten davon kennengelernt. Also mein erstes Mal im Stadion, mein erstes Mal in einem Team mit Trikot und offizielles Spiel. Mein erstes Mal eine Zeitschrift darüber zu lesen. Oder ja mein erstes Mal irgendwas gucken. Keine Ahnung. Das hat nach und nach waren es immer mehr Flashes, die mich komplett mitgenommen haben. Also ich weiß nicht, woher es kommt, aber ich weiß, dass es sehr tief verwurzelt ist in mir und immer weiter geht und immer wenn ich denke, ach ich könnte doch vielleicht aufhören mit Fußballspielen zum Beispiel. Zum Beispiel ich hab grad einen Monat pausieren müssen und ich war dann diese Woche zum ersten Mal wieder beim Training und war so glücklich danach und dachte, nee also das bringt mir so viel Glück. Ich muss weitermachen solange ich kann und darf. Und ja, was ich daran so schön finde, es ist eine Teamsportart und ich finde Teamgedanke einfach super schön. Ich finde die Idee, dass wir eine Person nicht allein das lösen kann, sondern gemeinsam mehrere ist einfach nur ein schöner Gedanke. Und auch deine Stärken kompensieren meine Schwächen und umgekehrt. Das finde ich auch voll schön. Ich habe auch gemerkt im Laufe meines Lebens, es ist so ein krasser gemeinsamer Nenner zwischen Menschen. Es ist so ein Türöffner. Ich bin in Situationen geraten, wo ich dachte, okay, ich habe nichts gemeinsames mit den Menschen, mit denen ich gerade in einem Raum bin. Und vielleicht sprechen wir auch gar keine gemeinsame Sprache, wirklich die, wo wir uns gut verstehen können. Aber da war immer Fußball, sehr oft, wirklich sehr, sehr, sehr, sehr oft ein krasser Umschalter, um sich näher zu kommen und zu merken, wir können, also manchmal, keine Ahnung, ich war in Gesprächen mit Menschen, wo wir wirklich keine gemeinsame Sprache hatten, aber dann haben wir einfach Namen von berühmten Spielern gegeben und dann haben wir so rausgefunden, welche Teams wir am liebsten mögen. Und so war einfach am Ende ein Lächeln oder so irgendwas im Raum dann, was es vorhin nicht gab. Also das finde ich wunderschön und ich mag auch die Tiefe, die Fußball hat, die vielleicht nicht greifbar ist auf den ersten Moment, weil ich gerade bewusst auch nicht gegendert habe. Also es ist sehr noch sehr dominiert von Cis-Männern und die, die das Geld haben, sind sehr oft dazu noch weiß und die Macht im Fußball und ich finde aber, dass das viel, viel, viel, viel schichtiger ist, gerade im Amateurbereich, aber nicht nur und gerade weltweit, woanders als wo ich bin, dass ich finde das so reich. Es hat so viele Facetten, die zu entdecken sind und zu, wo man tiefer eintauchen kann. Das finde ich richtig, richtig cool.
SPEAKER_1
00:25:01
Du hast früher Fußballprojekte für Menschen mit Fluchterfahrung koordiniert. Magst du darüber berichten?
SPEAKER_2
00:25:09
Ja, ich habe das im Kopf gehabt als Beispiel, als ich gerade erzählt habe, es gab keine Sprache, aber keine gemeinsame Sprache. Es gab Sprache, aber keine gemeinsame in manchen Situationen. Ja, das war auch super interessant. Ich hatte in einem bundesweiten Projekt in Deutschland gearbeitet, kurz nach 2015 und dann vier Jahre lang. Und da kamen sehr, sehr viele Menschen, die geflüchtet sind nach Deutschland. Und für viele von ihnen war Sport eine gute Möglichkeit, erst mal Zeit zu vertreiben, weil ihnen sehr viel auch verboten wurde, sich dann Beteiligungsschancen verwehrt wurden. Und manchmal war aber Sport eine Möglichkeit. Und das hat mir das alles noch einmal sehr gezeigt. Und in dieser Arbeit ohne zu nerdy werden zu wollen, hatte ich auch da mit sehr, sehr viel unterschiedlichen Akteurinnen zu tun. Von Menschen, die in Profifußballklubs gearbeitet haben, hin zu Behörden, Vertreterinnen, Verwaltungsvertreterinnen, Amateursport-Fereine, ja, sehr, sehr viele unterschiedliche Menschen. Und da gab es auch oft, obwohl von allen vielleicht Deutsch gesprochen wurde, keine gemeinsame Sprache im SINASI. Kamen von so vielen unterschiedlichen Welten. Es war sehr interessant zu versuchen, diese Menschen auf ein Nenner zu bringen, auf ein gemeinsames Verständnis von dem, was sie umsetzen wollen oder wie sie es machen wollen. Und ich hab bin auch da sehr durch Deutschland gereist, was auch schön für mich war, das zu entdecken. Und immer mit dem Fußballbezug, also sehr oft haben wir da Termine gehabt im Herzen von Fußballstadien. Also das war ein Traum. Ein Traum, wirklich.
SPEAKER_1
00:26:53
Also Fußball ist für dich definitiv ein Verbindungsmittel?
SPEAKER_2
00:26:58
Kann es sein. Es kann auch das Gegenteil sein. Es kann ausgenutzt werden, wie Menschen es möchten. Aber ja, es kann da sein und es ist ein Begegnungsort.
SPEAKER_1
00:27:12
In deinem Fußballverein in Berlin-Kreuzberg spielst du im Flinter-Team. Das Akronym Flinter steht für Frauen, Lesben, Inter-, Nicht-Binäre, Trans- und Agenda-Personen. Warum ist es wichtig, Räume für Flinter-Personen im Sportkontext zu schaffen?
SPEAKER_2
00:27:31
Damit diese Personen glücklich sein können. Nächste Frage. Ja, und weil es die noch viel zu wenig gibt und es überall, wo wir einen Einfluss drauf haben, finde ich es schön Räume zu öffnen, inklusiver zu machen, für Menschen zugänglicher zu machen, so dass sich alle wohlfühlen. Ich habe diese Räume als Kind, Jugendliche und teilweise Erwachsene sehr vermisst. Ich hatte keinen Zugang dazu und deshalb glaube ich, spüre ich es auch in mir, wie wichtig das ist, so etwas zu schaffen. Es ist nicht einfach und es ist immer wieder große Mühe, sehr viel Erklärung ist notwendig, aber das lohnt sich.
SPEAKER_1
00:28:18
Was meinst du mit Erklärung?
SPEAKER_2
00:28:21
Also unser Verein ist ein breiten Sportverein, der jetzt nicht besonders queer-sensibel ist und deshalb finde ich auch super wichtig, das auch dort zu machen. Ich verstehe voll, wenn Vereine sich von vornherein als flinter- oder queer-sensibel verstehen und gründen. Diese Räume braucht es auch, also exklusive Räume. Aber gleichzeitig finde ich es auch schön, den breiten Sport zu queeren insgesamt. Ja, also zum Beispiel die klassische Frage ist, Menschen klar zu machen, warum es gut ist, dass es uns gibt, warum es wichtig ist, dass wir uns flinter- nennen und nicht Frauenteam zum Beispiel.
SPEAKER_1
00:29:09
Magst du das an dieser Stelle erzählen?
SPEAKER_2
00:29:12
Weil eben nicht alle Personen in meinem Team sich unter dem Begriff Frauen verstehen. Und trotzdem sollen sie Teil dieses Teams sein und ich musste das auch einmal verstehen, lernen, wahrnehmen und dann auch verstehen, was kann ich dann tun. Und dann erst konnte ich auch zum Beispiel dem restlichen Verein erzählen, warum wir jetzt uns nicht mehr erste oder zweite Frauenteam nennen, sondern erstes und zweites Flinter-Team. Da braucht es viel Selbstarbeit auch sozusagen. Also es soll nicht ständig Menschen erzählen, warum es so ist, sondern man soll ja selbst auch ein bisschen auf die Suche gehen und lernen, damit die Last des Lernens nichts auf den Schultern der Menschen, der Menschen mit eigener Erfahrung dann auch liegt. Und es ist immer ein Prozess und wir kommunizieren gut untereinander. Wir lernen viel voneinander und dann versuchen wir auch den Verein dadurch weiterzubringen. Es ist ja auch die klassischen Sachen, die man auch sonst kennt, wenn man kein CIS-Mann ist, dass die Infrastrukturen sehr drauf angelegt sind, eben CIS-Männer zu bevorzugen, auch im Amateursport und dann... Es braucht viel Lobbyarbeit fast schon, um dann zu zeigen, warum andere Zielgruppen eine größere Aufmerksamkeit brauchen in dem Moment und dann auch mehr Platz und Platzzeiten und Materialien und nicht die Trainingszeiten, die alle anderen nicht haben wollen, sondern auch die Premium-Trainingzeiten, sag ich mal, und Anstoßzeiten für Spiele zum Beispiel. Mein Verein ist da, glaube ich, sehr offen für und sehr gut und trotzdem muss es immer wieder wiederholt werden, bis es einfach gar nicht mehr notwendig sein wird. Aber ja, ich hab Spaß daran, auch das zu machen. Und für mich und für mich als Lesbe auch, aber auch als Verbündete von internen, ich bin ja Trans- und Agendamenschen zum Beispiel. Da sind Identitäten, mit denen ich mich nicht identifiziere, aber ich sehe, dass diese Gruppen auch es noch schwerer haben als ich. Und dann sehe ich das auch als meine Verantwortung, auch in meinem Sport-Amateur-Alltag oder Amateursport-Alltag da auch einzustehen. Und immer wo Konsens dafür ist, natürlich also im Konsens mit den Personen dann auch ihnen zu helfen und für sie da zu sein und zu stehen. Also ganz konkret ist es, wie duschen wir nach einem Spiel? Sind alle damit fein? Fühlen sich alle da wohl? Bin ich dann vielleicht die Person, die mitduscht in dem Moment zu dem gleichen Zeitpunkt, wenn vielleicht andere nicht mehr da sind oder eben mit den anderen, aber dann als Verbündete im Raum oder wenn die Ansprachen von anderen Personen oder auch von uns selbst dann falsch gegendert werden, das zu korrigieren, immer wieder nach Pronomen zu fragen und eine Pronomenrunde zu machen, immer wenn eine neue Person da ist. Und dass ich die einfordere, auch als Person, als CIS-Person und als erste sozusagen vielleicht zeige, wie man es macht für die Person, die es noch nicht kennen auch, das ist auch wichtig. Ist nicht selbstverständlich, noch, irgendwann vielleicht wird es. Und ja, eben diese Last in dem Moment, diese Verantwortung zu übernehmen. Diese Verantwortung wiegt nie so viel in dem Moment für mich und wäre vielleicht ein größeres Gewicht auf anderen Schultern als meine. Aber und auch immer dann offen zu sein für eigenen Fehler, wenn man drauf hingewiesen wird und sein, ah, dass dieses Wort ist eigentlich nicht cool oder in dem Moment, dass du mich komplett vergessen in dem, was du vorgeschlagen hast oder so. Ich nehme ein anderes Beispiel, um das zu verstehen. In meinem Team sind Minderjährige dabei. Meine erste Idee für eine Teamfeier war etwas mit Alkohol oder wo eigentlich Minderjährige gar nicht rein dürfen, ein Ort. Und da meinte ich im Nachhinein, da wurde ich darauf eingewiesen, naja, aber es kann ja nicht, da sind nicht alle willkommen. Und genauso muss man es denken. Irgendwie sind alle mitgedacht und wenn nicht, wenn haben wir vergessen und warum, wie können wir dafür sorgen, in Zukunft Menschen nicht mehr zu vergessen und dass wir etwas machen, wo alle möglichst kommen können, wenn sie es möchten, ja, lernen und weiter lernen.
SPEAKER_1
00:33:53
Du hast es schon vorhin erwähnt, wie unsere patriarchale Gesellschaft ist die Mainstream-Fußballszene sehr hetero, cis und männlich dominiert, was sich für queere Menschen unsafe anfühlen kann. Deswegen hast du als Projektleitung das erste Pride House Deutschlands ins Leben gerufen. Was ist ein Pride House? Wie war deine Erfahrung? Und geht es mit diesem Projekt weiter?
SPEAKER_2
00:34:21
Wow, ein schönes Thema. Also das allererste, es war eine komplette Teamarbeit. Ich rede jetzt mit dir, aber stellvertretend für alle Menschen, die sich daran beteiligt haben, ob meine Kolleginnen oder Ehrenamtlichen oder PartnerInnen. Also ich bin nur gerade die Stimme für viel, viel mehr Menschen. Und die Idee hatte ich nicht, sondern ist entstanden in einer Arbeitsgruppe, das nennt sich die AG LSBTIQ Plus im Berliner Sport, so heißt die. Und da drin sind AkteurInnen in Berlin, die involviert sind im Sport für und mit queeren Menschen. Auch queere Sportvereine zum Beispiel. Und in dieser Runde hat ein Menschen von dem Konzept von Pride ausgehört. Dieses Konzept gibt es schon länger. Es ist 2010 entstanden bei den olympischen Spielen in Vancouver und Whistler, die Winter olympischen Spielen. Und man kennt es ja vielleicht bei Olympia gibt es das olympische Dorf mit Häusern, die meistens nach Nationen geordnet sind. Also Team Deutschland hat ein Haus, Team Frankreich, Team Südafrika, keine Ahnung. Und jemand hat dort gesagt, wie wäre es wenn wir ein Haus schaffen, wo es eben nicht nach Nationen geht, sondern spezifisch für queer Menschen und ihre Verbündete als Safer Space, als Rücktungsort, aber auch Begegnungsort und Sensibilisierungsort. Und das ist voll gut aufgenommen worden. Und seitdem gibt es die Bemühungen überall wo es möglich ist, bei Großsportveranstaltungen einen solchen Ort zu schaffen. Viel bei Olympischen Spielen, wo es auch total sinnvoll ist, weil da die Athletinnen und Sportlerinnen auch noch sehr zugänglich sind und sich auch unter dem Publikum mischen. Und daher folgt dann auch wirklich eine Begegnung zwischen Sportlerinnen, Volunteers, Publikum, Staff. Und deshalb ist glaube ich das Konzept super geeignet für ein solches Ereignis. Wir haben jetzt das allererste Pride aus Deutschland in Deutschland geschafft, in diesem Sommer, im Kontext einer Fußball-Europameisterschaft der Männer. Das heißt da ist schon mal die Dimension der Mischung mit Sportler weniger präsent, weil die leben da in ihren geschützten Bunkern und sind nicht so für die breite Öffentlichkeit zugänglich. Aber trotzdem gab es ja viele andere Menschen, die Interesse hatten an Begegnungen und Public Viewing in einem sicheren Ort. Und das Konzept ist also, dass es ein offener Ort für alle, kostenlos und wirklich, ich betone für alle offen, aber mit einem Fokus auf Awareness und Wohlfühlen der Queeren Communities. Also haben wir ein ganzes System, ein ganzes Konzept, der darauf beruht, dass der Ort ein schöner und möglich diskriminierungsfreien Ort sein soll, was es nicht sein kann, aber dann diskriminierungsarm und auch barrierearm und möglichst für alle ein Ort des Wohlfühlens. Und dort schaut man Sport, aber auch Zugang auf noch andere Angebote, die wir dann auf die Beine gestellt haben. Also Turniere, Workshops, Podiumsdiskussionen, Ausstellungen. Ja und einfach mal untereinander sein und einen schönen Moment verbringen, wie auch immer man es verbringen möchte.
SPEAKER_1
00:37:52
Und geht es mit diesem Projekt weiter?
SPEAKER_2
00:37:54
Ah ja, der letzte Teil der Frage. Also es gibt eine Initiative, die heißt Pride aus International und die sorgen dafür, dass Menschen, die einen solchen Ort auf die Beine stellen wollen, jetzt nicht das Konzept komplett zerstören oder anders umsetzen, als es die Idee ist. Also auch um zum Beispiel ein bisschen Pinkwashing zu verändern von großen Brands und so. Das heißt, die gibt es und die koordinieren das ein bisschen oder haben ein Auge drauf. Und immer wenn jemand im Rahmen einer Großsportveranstaltung Interesse hat, das zu umsetzen, schauen sie, okay, wer seid hier und was ist euer Plan und so. Das heißt, ich bin guter Dinge und ich weiß eigentlich, dass Pride Houses geplant sind für die nächste Fußball-Weltmeisterschaft der Männer und für die nächsten Olympischen Spielen, also Sommer-Olympischen Spielen in Los Angeles. Wie es woanders weitergehen wird, wird sich zeigen. Ich weiß es nicht. Es ist halt, wenn man gewisse Ansprüche an einem solchen Ort hat, dann dauert es lang bei der Planung und kostet Geld und braucht menschliche Ressourcen. Und deshalb kann ich zum Beispiel für mich nicht sagen, wann die nächste Möglichkeit sein wird, so etwas umzusetzen. Ich bin schon sehr glücklich, dass wir das gemacht haben und auch ein bisschen stolz, obwohl ich dieses Wort nicht so mag, aber in dem Fall schon, weil wir einfach ein super schönes Feedback bekommen haben und etwas Einmaliges soweit geschafft haben. Und insofern ist es voll schön, dass es das gab und es kann ja inspirieren, vielleicht auch in kleineren Rahmen ein ähnliches Gedanken und ähnliche Werkzeuge zu nutzen für Veranstaltungen, aber auch einfach tagtäglich. Ich glaube, das kann sich gut übertragen und das ist jetzt mein Anspruch auch an alles, was ich jetzt noch umsetzen werde.
SPEAKER_1
00:39:53
Wie stehst du zu Pride im queeren Kontext, wenn du das Wort Stolz nicht so gerne magst?
SPEAKER_2
00:40:01
Also ich mag das Wort Stolz auf Deutsch nicht und wie es manchmal genutzt wird, aber Pride natürlich ist ein, ja, da verbirgt sich noch viel mehr. Ich habe ein ambivalentes Verhältnis dazu, muss ich allicherweise sagen, weil man sagt ja immer die erste Pride was a riot und diese Dimension von Widerstand, Krawall und Politisches geht schon auch öfter runter. Bei den großen Prides, die es gibt in den Städten und so. Ich finde es schön zu sehen, was es für Prides gibt, gerade momentan in Deutschland, in kleineren Städten oder im ländlichen Raum. Ich war noch nie auf einem. Je nachdem, wie man die Augsburg Pride sieht, ist das schon eine kleinere Stadt. Wenn ja, dann war ich schon da. Da hatte ich die große Freude dabei zu sein. Es war wunderschön. Aber ja, da...
SPEAKER_1
00:40:59
Ich glaube, das war sogar ein Dyke-Match, oder?
SPEAKER_2
00:41:02
Ah ja, auch gut. Noch besser. Stimmt. Aber genau, ich glaube, mir ist die politische Dimension sehr wichtig und die gesellschaftliche und die ist vielleicht auf solchen Veranstaltungen noch mehr voran als auf die großen Prides, die man so kennt. Es ist auch vielleicht weniger meins, einfach in der Ausdrucksweise. Aber erstens, wenn Menschen Bock haben zu feiern, ist es immer schön, sagen sie, machen. Und solange es für mich eine gesellschaftliche, politische Botschaft auch erkennt, dann finde ich es cool für mich und gehe gerne hin.
SPEAKER_1
00:41:40
Alice, wie ist es für dich als queere Person in Berlin zu leben?
SPEAKER_2
00:41:45
Überwiegend schön, weil Berlin eine tolerantere Stadt ist als andere und das Wort tolerant mag ich auch nicht übrigens. Aber ja, trotzdem auch nicht immer einfach. Also ich hab schon Zugang zu vielen Queeren-Angeboten oder Orte und das ist wunderschön, weil eben im Sinne dessen, immer wieder hinzugehen oder zurückzukehren, wenn die große Welt da draußen zu bedrücken wird, was es zurzeit sehr viel ist, da ist es schön eben diese Orte und diesen Menschen zu haben.
SPEAKER_1
00:42:22
Gibt es etwas in Deutschland, das du dir für Queere Menschen wünschen würdest?
SPEAKER_2
00:42:28
Oh ja, sehr viel. Jetzt wird es politisch. Auf geht's. Wir nehmen gerade den Podcast auf kurz nachdem die aktuelle Regierung explodiert ist und klar ist es wird neue Wahlen geben und sehr wahrscheinlich leider dann eine neue Zusammenstellung, politische Zusammenstellung für Deutschland, wo es noch schwerer sein wird für Queere Menschen zu leben und auch etwas zu ändern. Und es gibt jetzt schon viele Queere Voices, die versuchen noch in der Zeit bevor eine neue Regierung kommt, Dinge zu ändern. Ich denke an die Reform des Abstammungsrechts, an die Anpassung von bestimmten Vorgaben und Maßnahmen des Selbstbestimmungsgesetzes. Also das sind so Sachen, die mir einfallen, um das runterzubreschen auf ein alltäglicheres Niveau vielleicht. Ich glaube, was ich mir wünsche ist noch mehr Verbundenheit und Solidarität. Also dass auch nicht Queere Menschen für Queere Menschen noch mehr einstehen und generell für marginalisierten Gruppen, also einfach check your privileges und dann sei solidarisch. Das ist mein Wunsch an vielen, vielen Menschen. Ich verstehe, dass man kann es nicht immer machen. Es ist anstrengend und jeder hat so seine Struggles im Alltag. Aber trotzdem fehlt mir noch einfach Empathie und Solidarisierung und Solidarität im alltäglichen Leben. Also einfach ein bisschen mehr links und rechts schauen und gucken. Ist gerade alles cool. Wenn nichts cool ist, kann ich was ändern, kann ich was bewirken, fühle ich mich dazu in der Lage. Aber dann einfach, wenn das alles selbstverständlicher wird, dann haben alle am Ende ein schöneres Leben.
SPEAKER_1
00:44:21
Gibt es etwas anderes, das du gerne in diesem Podcast teilen möchtest?
SPEAKER_2
00:44:27
Ich habe so einen Standardfloskel. Es ist nie zu spät, um die Person zu sein, die du sein willst. Und jede Person braucht mal länger, um vielleicht zu sich selbst zu finden. Und ich finde es schön zu denken, auch älter oder auch jünger oder wann auch immer. Es ist immer ein richtiger Zeitpunkt. Es bedarf immer Mut, aber es ist nie zu früh, nie zu spät, einen Schritt näher zu sich zu machen. Es ist ein bisschen ISO, aber ich finde mir hat es geholfen für mich. Und ich denke, es ist vielleicht für andere Menschen auch ein schöner Gedanke.
SPEAKER_1
00:45:06
Ich mags. Zum Schluss hast du vielleicht Lust auf einen Quickie mit mir? Es geht nicht um Sex, was gut ist, wenn man weiß, dass du meine Kuhne bist, sondern um eine Fragenreihe, die du kurz und knackig beantworten darfst.
SPEAKER_2
00:45:24
Der Druck steigt, aber ich versuch's.
SPEAKER_1
00:45:28
Okay, let's go. Die Qualität, die du bei einer Person am meisten schätzt?
SPEAKER_2
00:45:34
Empathie.
SPEAKER_1
00:45:35
Deine größte Qualität?
SPEAKER_2
00:45:38
Empathie. Ja, aber warum nicht? Offenheit vielleicht.
SPEAKER_1
00:45:44
Was macht dich glücklich?
SPEAKER_2
00:45:47
Fußball, Lesen, schöne Beziehungen.
SPEAKER_1
00:45:51
Was hat dich letztens stolz gemacht?
SPEAKER_2
00:45:55
Ja, ich glaube das Pride aus Berlin.
SPEAKER_1
00:45:58
Ein Lied, das du gerade gerne hörst?
SPEAKER_2
00:46:02
Ich glaube Good Luck Babe von Chapelle Rohan, aber das Acapella Cover von einem Chor in New York, glaube ich, oder so in den USA. Das findet man nur auf Instagram, aber das höre ich gerade schleif. Weil der Text des Lieds und die Schönheit des Lieds normal mehr zu Geltung kommt, als das Original fast.
SPEAKER_1
00:46:26
Eine Person, die du attraktiv findest?
SPEAKER_2
00:46:29
Meine Partnerin.
SPEAKER_1
00:46:31
Einen Content, den du empfehlen würdest?
SPEAKER_2
00:46:35
Darf ich ein bisschen länger antworten?
SPEAKER_1
00:46:36
Auf jeden Fall.
SPEAKER_2
00:46:38
Für mehrsprachigen Menschen vielleicht? Für Menschen, die Französisch lesen können, empfehle ich die Zeitschrift La Déferlante. Ich finde das eine großartige queer-feministische Zeitschrift, die ich wirklich sehr, sehr cool finde. Kann ich nur empfehlen. Für Menschen, die Deutsch sprechen, es gibt nur einen Podcast, den ich immer wieder gerne höre, der auch meinen Horizont immer wieder erweitert. Das heißt Vornen Trebell. Das ist ein Autist und sein Vater. So ist das Worting, das sie gerne nutzen möchten. Und die Podcasten seit schon sehr langer Zeit. Das Kind war damals wirklich noch ein Kind und ist mittlerweile eine junge, erwachsene Person, die studiert. Und sie sind auch Fußball begeistert und erzählen von ihren gemeinsamen Abenteuern, aber auch sehr, sehr viel über die Demensrealitäten von AutistInnen und Angehörige. Und ja, ich lerne immer sehr viel. Und manchmal reden die auch über Physik, da verstehe ich weniger. Aber ich höre einfach mal zu. Ja, das wäre das Content, was ich empfehlen kann. Und für Menschen, die Englisch sprechen, empfehle ich On Earth We Are Briefly Gorgeous von Ocean Wong. Das ist ein super schönes Buch.
SPEAKER_1
00:48:05
Okay. Dein Lieblingsgericht.
SPEAKER_2
00:48:09
Ich würde sagen, weil es immer geht, ob im Stadion oder woanders, Pommes Schranke.
SPEAKER_1
00:48:16
Was ist das?
SPEAKER_2
00:48:16
Das Pommes mit Ketchup und Mayo.
SPEAKER_1
00:48:18
Okay. Ein großer Wunsch von dir.
SPEAKER_2
00:48:23
Okay, jetzt bin ich ein bisschen egoistisch, so lange Fußball spielen zu können wie möglich.
SPEAKER_1
00:48:28
Deine Stimmung jetzt gerade.
SPEAKER_2
00:48:31
Sehr schön.
SPEAKER_1
00:48:33
Alice, vielen Dank, dass du dir heute Zeit genommen hast und dazu beiträgst, die Stimme queerer Menschen lauter zu machen.
SPEAKER_2
00:48:41
Danke dir für genau das auch. Dankeschön.

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